Mein Flug war verspätet: Bekomme ich ein…

30. Mai 2020

Anspruch auf Entschädigung? Die „Ausgleichszahlung“

Flug mind. 3 Stunden später angekommen

Beträgt die Verspätung am Endziel mindestens drei Stunden, können Sie einen Anspruch auf eine Zahlung in Höhe von 250 bis 600 Euro haben. Die genaue Höhe dieses Anspruchs richtet sich zunächst nach der Entfernung ihres Endziels sowie danach, ob Start- und Zielflughafen in der EU liegen. Sie haben einen Anspruch auf Zahlung von

  • 250 Euro bei Kurzstrecken (bis 1500 km),
  • 400 Euro bei Mittelstrecken (mehr als 1500 km innerhalb der EU oder bei Start bzw. Ziel in einem Nicht-EU-Mitgliedsstaat zwischen 1500 und 3500 km) sowie
  • 600 Euro bei Langstrecken (mehr als 3500 km).

Je nachdem, wieviel später als ursprünglich geplant Sie Ihr Endziel erreichen, kann die Fluggesellschaft die Ausgleichszahlung um die Hälfte kürzen. Dies ist möglich bei einer Verspätung am Endziel von 

  • höchstens drei Stunden auf Mittelstrecken (mehr als 1500 km innerhalb der EU oder zwischen 1500 und 3500 km) sowie
  • höchstens vier Stunden auf Langstrecken (mehr als 3500 km).

Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung besteht allerdings nicht, wenn die Fluggesellschaft beweisen kann, dass der Flug aufgrund außergewöhnlicher Umstände verspätet war, die sich auch durch Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen nicht vermeiden ließen. Diese Einordnung kann in der Praxis schnell zum Rechtsstreit führen. Als außergewöhnliche Umstände, auf die sich Fluggesellschaften berufen können, gelten z. B.  schlechte Wetterverhältnisse, Streik von Dritten wie z. B. Fluglotsen, Terrorwarnungen, Naturkatastrophen oder Vogelschlag. Welche Maßnahmen für die Fluggesellschaft zumutbar waren, um diese Umstände zu vermeiden, ist abhängig vom Einzelfall (z. B. Erstellung eines Notflugplans oder Einkalkulieren von Zeitreserven). Technische Defekte gelten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Umstände. Dies gilt auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat.
Sollten Sie die Reise abgebrochen haben, bestehen keine Ansprüche auf Ausgleichszahlungen.

Anspruch auf Verpflegung, Hotel und ähnliches? Die „Betreuungsleistungen“

Flug mind. 2 Stunden später abgeflogen

Ob Sie derartige Ansprüche haben, richtet sich nach der Dauer der Abflugverspätung und der Entfernung, die Sie mit dem Flug zurücklegen wollen.  
Die Airline muss Ihnen kostenlos Snacks und Getränke bereitstellen und Ihnen ermöglichen, zwei Telefonate zu führen, zwei Faxe oder E-Mails zu versenden. Falls Sie an demselben Tag den Flug nicht mehr antreten können, muss die Fluggesellschaft Sie in einem Hotel unterbringen und für die Fahrt dorthin sorgen. Diese Leistungen können Sie verlangen, wenn sich Ihr Abflug verzögert um mindestens 

  • zwei Stunden bei Kurzstrecken (bis 1500 km),
  • drei Stunden bei Mittelstrecken (mehr als 1500 km innerhalb der EU oder bei Start bzw. Ziel in einem Nicht-EU-Mitgliedsstaat zwischen 1500 und 3500 km) sowie
  • vier Stunden bei Langstrecken (mehr als 3500 km)

Weigert sich die Fluggesellschaft, Ihnen die genannten Betreuungsleistungen unentgeltlich anzubieten, können Sie sich selbst verpflegen und, falls erforderlich, eine Hotelunterkunft und die Fahrt dorthin organisieren. Die Kosten dafür können Sie von der Airline verlangen. Lassen Sie sich daher Belege für solche Ausgaben geben und bewahren Sie sie gut auf!

Sollten Sie bereits den verspäteten Flug nicht angetreten haben, bestehen die Ansprüche nur dann, wenn Sie je nach Flugdistanz mindestens zwei Stunden oder länger gewartet haben (s. „Betreuungsleistungen“).

Anspruch auf Erstattung des Flugpreises? Rücktritt vom Beförderungsvertrag

Flug mind. 5 Stunden später abgeflogen

Verspätet sich der Abflug um fünf Stunden oder mehr, können Sie vom Vertrag zurücktreten und von der Fluggesellschaft die vollständige Erstattung des Flugpreises (einschließlich Steuern und Gebühren) verlangen. Konkret heißt das: Sie können auf den ursprünglich gebuchten Flug verzichten und ganz von der Reise absehen oder versuchen, einen anderen Flug zu buchen, und eventuelle Mehrkosten später als Schadenersatz zurückfordern. 

Erklären Sie den Rücktritt, sind Sie danach in Bezug auf die Weiterbeförderung oder die sonstigen Betreuungsleistungen, z. B. Verpflegung oder die Unterbringung in einem Hotel, auf sich allein gestellt. Für Wartezeiten, die bis dahin entstanden sind, können solche Ansprüche aber durchaus bestehen – sofern Sie je nach Flugdistanz mindestens zwei Stunden oder länger gewartet haben (s. „Betreuungsleistungen“). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn sich die Verspätungszeit des Fluges nach und nach zunehmend verlängert.

Auch Ausgleichszahlungen können Sie dann nicht verlangen. Voraussetzung für diesen Anspruch ist bei Verspätungen, dass der Fluggast an Bord gewesen ist und auch tatsächlich verspätet befördert wurde. Wenn Sie aber z. B. einen Termin ohnehin verpasst haben, können Sie den Flughafen verlassen und den gesamten Flugpreis zurückfordern.

Dies gilt auch, wenn Sie bereits Reiseabschnitte zurückgelegt haben und die Reise an einem Zwischenstopp abbrechen, weil der Flug nach ihrem ursprünglichen Reiseplan zwecklos geworden ist. In solch einem Fall haben Sie zudem einen Anspruch auf einen Rückflug zum ersten Abflugort.
Ist der verspätete Flug Teil einer Pauschalreise, gibt es keinen Beförderungsvertrag zwischen den Reisenden und einer Fluggesellschaft, von dem ein Fluggast zurücktreten könnte. Eine Kündigung des Reisevertrags mit dem Veranstalter ist nur möglich, wenn die Reise durch einen Reisemangel erheblich beeinträchtigt wird. Flugstörungen wie Verspätungen stellen aber in der Regel nur einfache Reisemängel dar, die lediglich zur Preisminderung berechtigen. Ein Recht zur Kündigung kommt hier daher allenfalls bei Pauschalreisen mit wenigen Übernachtungen in Betracht, die durch die Verspätung nicht mehr alle möglich sind.

Die vorstehend beschriebenen Ansprüche gegen die Fluggesellschaft gelten nur für Flüge, die entweder a) von einem Flughafen innerhalb der EU starten oder b) von einem Staat außerhalb der EU zu einem Flughafen in der EU mit einer Fluggesellschaft fliegen, die ihren Sitz innerhalb der EU hat. Außerdem darf das Ende des Jahres, in dem der Flug stattfand oder stattfinden sollte, nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Mehr dazu unseren FAQ.

Schadenersatz

Wenn Ihnen durch die Verspätung zusätzliche Kosten entstehen – z. B. Mehrkosten für einen Ersatzflug, wenn Sie den verspäteten Flug nicht angetreten haben, für Hotelzimmer, die Sie nicht nutzen können, Fähre oder Transfer, für die Sie neue Plätze buchen müssen – können Sie für diesen Schaden gegebenenfalls von der Fluggesellschaft einen Ersatz verlangen. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweist, dass es die Verspätung nicht verschuldet hat. Von der Fluggesellschaft gezahlte Ausgleichsleistungen müssen Sie sich auf eventuelle Schadenersatzansprüche anrechnen lassen.
Bei einheitlicher Buchung von Hin- und Rückflug sowie Start in der EU und Rückkehr dorthin richten sich die Schadenersatzansprüche wegen Verspätung nach dem „Montrealer Übereinkommen“. Danach muss die Fluggesellschaft, die den Flug durchgeführt hat – oder nach Wahl des Fluggasts ggf. der Pauschalreiseveranstalter – Schäden ersetzen, die während der Luftbeförderung durch Verspätung von Reisenden und Gepäck entstehen. Ob die Schäden flugbetriebsbedingt sein müssen, und welche Risiken darunter fallen, ist rechtlich nicht abschließend geklärt. Nach Auffassung der Verbraucherzentrale NRW gehören auch technische Defekte und schlechte Witterungsverhältnisse zu den typischen Risiken des Flugverkehrs. Insofern müssen unseres Erachtens auch Schäden aufgrund von Verspätungen, die darauf beruhen, grundsätzlich nach dem Montrealer Übereinkommen ersetzt werden. 

Die Fluggesellschaft haftet nur dann nicht, wenn sie nachweist, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um den Schaden zu vermeiden, oder solche Maßnahmen nicht möglich waren. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Abflug aus Gründen der Flugsicherung nicht termingerecht erfolgte. Welche Maßnahmen zumutbar sind, ist abhängig vom Einzelfall (z. B. Erstellung eines Notflugplans oder Einkalkulieren von Zeitreserven).

Für Verspätungsschäden bei der Personenbeförderung, zum Beispiel zusätzlich anfallende Übernachtungskosten, beträgt die Haftungshöchstgrenze derzeit ca. 5.820 Euro. Dieser Betrag wird nicht automatisch gezahlt. Vielmehr müssen Sie den entstandenen Schaden darlegen und, falls er bestritten wird, auch beweisen. Hierzu können Sie z. B. Belege für die durch die Verspätung entstandenen Kosten vorlegen. 

Eine Klage auf Schadensersatz nach dem Montrealer Übereinkommen kann nur binnen einer Ausschlussfrist von zwei Jahren erhoben werden. 

Ansprüche gegen den Pauschalreiseveranstalter

Findet der verspätete Flug im Rahmen einer Pauschalreise statt, kommen gegenüber dem Reiseveranstalter Ansprüche aufgrund eines Reisemangels auf Minderung des Reisepreises, Kündigung des Reisevertrags und/oder Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Betracht. Die Rechtsprechung hält allerdings Verspätungen von bis zu vier Stunden bei einer Pauschalreise noch für hinzunehmende Unannehmlichkeiten.

Quelle: Verbraucherzentrale Hessen

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